11,2 Millionen Euro flossen in den Um- und Ausbau der evangelischen Mutter-Kind-Kurklinik in Scheidegg. Nun fand die Einweihung im Beisein zahlreicher Ehrengäste statt. Warum die Einrichtung nötiger denn je ist.
Von Olaf Winkler
Scheidegg Die letzten Arbeiten er- folgten gerade noch rechtzeitig vor der Einweihung durch den evange- lischen Landesbischof Ernst-Wil- helm Gohl: Für 11,2 Millionen Euro hat die Evangelische Müttergene- sung in Württemberg die Mutter- Kind-Kurklinik in Scheidegg in nerhalb von zwei Jahren umgebaut und erweitert. Bis zu 43 Mütter und 60 Kinder kann die Einrich- tung nun aufnehmen. Entstanden aus dem ehemaligen Kinderheim Hubertus, das 1930 gebaut wurde, hat die Kurklinik schon mehrfach Erweiterungen erhalten – zuletzt 2007. Den steigenden Bedarf konnte die Ein- richtung jedoch nicht abdecken. Und so liefen seit 2016 die Planungen für ein Millionenprojekt: die Erhöhung der Bettenzahl von bislang 65 auf 103, den Bau eines Betreuungshauses für die mitgereisten Kinder und Jugendlichen zwischen zwei und zwölf Jahren und die Erweiterung des Speisesaals. Außerdem ist die Einrichtung mit Hilfe von zwei Aufzügen nun nahezu barrierefrei und hat auch einen Fitnessraum erhalten.
2019 erfolgte die Ausschreibung und wenige Monate später die Ernüchterung: Die Angebote sprengten das Budget. Teilweise wurde „abgespeckt“, sodass die Gebäude nun Flach- statt der ge- planten Faltdächer haben und einzelne Räume auch etwas kleiner geworden sind. Die Freude bei Angelika Klingel von der evangelischen Müttergenesung in Württemberg, Einrichtungsleiterin An- gela Finkenberger und den insgesamt 60 Mitarbeitenden ist den- noch groß. Vor allem aber 750 Mütter und ihre Kinder, die jährlich vor allem aus Bayern und Baden- Württemberg zu den jeweils drei-wöchigen Kuren anreisen, sollen vom neuen Raumangebot profitieren. Als ein „Haus für Körper, Geist und Seele“ bezeichnete Klingel die Kurklinik bei der Einweihung. Denn wichtig sei der „ganzheitliche Ansatz“. Aus der Mitte der Gesellschaft kommen dabei die Mütter, die hier Kraft für den Alltag tanken sollen. Den Bedarf dafür sieht Klingel größer denn je: „Nach Corona und mit Blick auf die unsichere Zukunft sind die Ängste größer geworden.“ Für die nächsten sechs Monate ist die Kurklinik bereits ausgebucht.
Corona prägte auch die Baupha- se ab Mitte 2020. Die Pandemie führte zu Verzögerungen durch Quarantäne-Vorgaben, aber auch durch Lieferverzögerungen. Nach dem Bau des neuen Bettentrakts im Süden und des Hauses für Kider und Jugendliche im nördlichen Bereich des Grundstücks sollte eigentlich 2021 eine fünfmonatige Schließung folgen. Wieder eröffnen konnte die Kurklinik aber erst im Februar 2022. Gänzlich abge- schlossen waren die Arbeiten jedoch erst vor wenigen Tagen.
Der Bund hat 45 Prozent der Kosten getragen. Den Rest haben die Evangelische Landeskirche in Württemberg und der Verein Evangelische Müttergenesung übernommen. Michaela Wachsmuth als Vertreterin des Müttergenesungswerks stellte bei der Einweihung das Engagement der Kirche heraus. Das Geld sei gut eingesetzt: „Denn hier erreicht die Kirche Menschen in einer kritischen Lebenssituation und kann sie auf ihrem Genesungsweg begleiten.“ Und sie ergänzte: „Die Kirche soll te ein Interesse am Erhalt und an der Ausweitung der Arbeit haben. Denn hier kann der Abkehr von der Kirche entgegengewirkt werden.“ Für den Scheidegger Bürger meister Ulrich Pfanner ist besonders positiv: Die bislang mit Gas beheizte Einrichtung ist nach dem Um- und Ausbau nun an das Scheidegger Biomasseheizwerk angeschlossen. Er dankte für den „Mut für die Investition“ und beschrieb die Mutter-Kind-Kurklinik als „kleines Juwel“ unter den Kur- kliniken des Ortes. Für stellvertretende Landrätin Sonja Müller steht außer Frage, dass die Kurklinik „gerade in die- sen schweren Zeiten eine wichtige Einrichtung“ ist. Und: „Wir sind dankbar, sie hier in Scheidegg zu haben.“
mit freundlicher Genehmigung der Allgäuer Zeitung
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